Seminar: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny
Wie lässt sich das Gefühl der Fremdheit in einer großen Stadt darstellen?
Brechts “Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny” wählt dafür die Mittel des epischen Theaters. Mahagonny, die “Netzestadt”, liegt an keinem bestimmten Ort. Die Geschichte über den Aufstieg und die Zerstörung einer Dienstleistungsmetropole könnte überall spielen. Sie erzählt von einer Gesellschaft, die sich aufgibt, damit die Bedürfnisse des Einzelnen rücksichtslos befriedigt werden können. Alles ist erlaubt, nur kein Geld zu haben, gilt als Verbrechen. Wie aktuell diese Geschichte für die junge Generation im heutigen China ist, wurde in der Seminardiskussion rasch deutlich. Zunächst gab Professor Weitin einen Überblick über die Geschichte des Theaters in Deutschland und erläuterte die spezifischen Merkmale von Brechts theatraler Verfremdung. Dieser Begriff spielte in der anschließenden Textanalyse die zentrale Rolle. Thematisch vertieft wurden bei der gemeinsamen Lektüre die Begriffe “Ordnung”, “Geld” und “Religion”.
[…] Ihr bekommt leichter das Gold von Männern als das von Flüssen!
Darum laßt uns hier eine Stadt gründen
Und sie nennen Mahagonny
Das heißt: Netzestadt!
Sie soll sein wie ein Netz
Das für die eßbaren Vögel gestellt wird.
Überall gibt es Mühe und Arbeit
Aber hier gibt es Spaß.
Denn es ist die Wollust der Männer
Nicht zu leiden und alles zu dürfen.
Das ist der Kern des Goldes.
Gin und Whisky
Mädchen und Knaben.
Und eine Woche ist hier: sieben Tage ohne
Arbeit
Und die großen Taifune kommen nicht bis
hierher.
Auszug aus: Bertolt Brecht, Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny. In: Bertold Brecht, Stücke. Band 2, Berlin, Seite 171.
CLuetkemeier, 4. September, 22:16