Freitag, 5. September 2008

Vortrag: “Brechts Verhaltenslehren”

Den zweiten Vortrag im Verlaufe des Workshops hielt Professor Dr. Thomas Weitin.
In den 1920er Jahren begann Brecht, Material für ein “Büchlein mit Verhaltenslehren” zu sammeln, für das er den Titel "Me-ti" wählte - nach dem auch Mo Di genannten sozialkritischen chinesischen Philosophen aus dem 5. Jahrhundert vor unserer Zeit. Chinesisches Denken spielte zu der Zeit, da er die Theorie des epischen Theaters entwickelte, eine zentrale Rolle für Brecht, welcher das Chinesische als Deckmantel nutzte, um Kritik an seiner eigenen Zeit zu formulieren.
In seinem Vortrag behandelte Prof. Weitin den doppelten rhetorischen Gestus, der dabei zum Ausdruck kommt. Brecht habe das Chinesische einerseits genutzt, um seine theoretischen Gedanken historisch zu authentisieren, den China-Bezug gleichzeitig aber deutlich als Konstruktion ausgestellt - etwa indem er das Land konsequent mit “m” schrieb. “Chima” sei damit zur Signatur einer Fremdheit geworden, mit der sich das Theater der Verfremdung habe theoretisch darstellen können. Im Zusammenhang mit Brechts Exilerfahrungen lasse sich diese Rhetorik der Fremdheit auch als eine spezifische Haltung zur Großstadt und zur Moderne lesen.

Der Vortrag als Video

Teil 1:


Teil 2:


Teil 3:

Vortrag: “Sprachkultur im Deutschen und Chinesischen”

vortrag-zhu

Mit seinem Vortrag über chinesisch-deutsche Sprachgepflogenheiten und -Traditionen eröffnete Professor Dr. Zhu Jianhua von der Fakultät für deutsche Sprache an der Tongji-Universität am vergangenen Freitag den dreitägigen Workshop in Hangzhou.

Einleitend verwies Professor Zhu auf die philosophischen Wurzeln chinesischer und deutscher Sprachkultur und unterzog sie einem pointierten Vergleich.
Während China vor allem durch die Denkweisen des Daoismus und des Konfuzianismus geprägt sei, die dem Schweigen Hochachtung zukommen lassen, stehe Europa in der Tradition der klassischen griechischen Philosphie, welche dem Reden eine prominente Bedeutung zuschreibe.
Der Daoismus sei eine Philosophie des Nichts-Tuns, die es ablehne, in die Umwelt einzugreifen. Im Daoismus heiße es: “Dao ist Schweigen, schweigen ist Gold.” oder: “Wer weiß, spricht nicht, wer spricht, weiß nichts.”
Der Konfuzianismus, welcher eine zweite traditionelle Wurzel für die chinesische Denkweise darstelle,
Setze sich demgegenüber zwar die Optimierung der Umwelt zum Ziel, strebe aber auch vor diesem Hintergrund stets Harmonie an. Gutes Handeln und Gutes Sprechen werden hier als eins, als Einheit verstanden, die Sprache diene als Werkzeug zur Förderung der harmonischen Beziehungen. Sprechen oder Nicht-Sprechen gelte dabei auch als Signal für die eigene gesellschaftliche Stellung. Nur vor Freunden spreche man viel, sonst kehre man sein wissen nicht unangemessen hervor. “Große Weisheit erscheint als große Dummheit” Mit Nicht-Gleichgesinnten solle man schweigen und nicht streiten.
Sprechen, so lasse sich für die Philosophie des Konfuzianismus resümieren, werde als passives Handeln begriffen.
Ganz im Gegensatz zu diesen Ansichten des Konfuzianismus und Daoismus stehe die altgriechische Philosophie, in welcher die Sprache so wichtig sei wie Gott, ja Sprache selbst göttlich sei. Weil das aktive Sprechen das Streben nach Wahrheit kennzeichnete, bemühten sich alle Philosophen zeitlebens, ihre Sprachkunst, die Rhetorik, zu perfektionieren. Der Akt des Redens wurde im Sinne aktiven Handelns positiv verstanden.
Während also der Daoismus das Ideal vertrete nicht zu denken, nicht sprechen und nicht zu handeln, stehe der Konfuzianismus für die Idee passiv zu denken, passiv zu sprechen und passiv zu handeln während die altgriechische Philosophie danach strebe, aktiv zu denken, aktiv zu sprechen und aktiv zu handeln.
So schweigen die Chinesen im Unterricht tendenziell lieber weil der Lehrer das Wort hat, sprechen stets durch die Blume, tun immer nur 50 Prozent ihres Wissens kund weil sie auf ihre Umgebung ausgerichtet sind und vermeiden möchten, unter Umständen andere durch ihren großen Wissensvorsprung zu beschämen, während es die Europäer gewohnt sind, immer alles direkt auszusprechen, weniger Gespür für ihre Umgebung besitzen und gern 120 Prozent ihres Wissens aussprechen, um vor den anderen ihre Klugheit zu zeigen.
Professor Dr. Zhus abschließende Fragen: Werden sich diese Klischees auch angesichts der Globalisierung und der sich aus ihr ergebenden Begegnungen unserer Sprachkulturen weiter erhalten? Oder wird die Informationsgesellschaft vielmehr dazu beitragen, dass sich unsere Gepflogenheiten und Bräuche langfristig ergänzen und miteinander verschmelzen werden?

Busfahren auf Chinesisch (2)

Eine weitere Fahrt mit Hindernissen: Fast wären wir wieder unter einer Brücke stecken geblieben (siehe Video).
Haben inzwischen den Verdacht, dass der Busfahrer möglicherweise nicht lesen kann und darum nie den Weg weiß. Immerhin war dieses Mal seine Frau dabei. Er hat darauf bestanden, sie mitzunehmen.
Hat leider auch keine Verbesserung gebracht.

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